Robert Ritter war eine Hauptfigur der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik gegenüber den Sinti, Roma und Jenischen. Robert Ritter war von der Ausbildung her – abgesehen von seiner militärischen Ausbildung als Kadett der Kadettenanstalt Berlin-Lichterfelde – Pädagoge und Psychiater; er führte die Titel Dr. phil. und Dr. med. 1917 hatte er mit der Arbeit „Das geschlechtliche Problem in der Erziehung“ in München als Pädagoge promoviert, 1930 doktorierte er mit der medizinischen Arbeit „Zur Vererbung der allergischen Diathese“, die aber erst 1936 im Druck erschien. 1930 bis 1931 absolvierte er ein Praktikum an der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (Burghölzli). Er betonte dabei in seinem Lebenslauf die „eugenische“ Ausrichtung dieser Institution. Drei bisherige Direktoren: Auguste Forel, Eugen Bleuler und Hans Wolfgang Maier hatten diese Ausrichtung geprägt. 1936 habilitierte sich Ritter in Tübingen mit seiner Arbeit „Ein Menschenschlag. Erbärztliche und erbgeschichtliche Untersuchungen über die – durch 10 Geschlechterfolgen erforschten – Nachkommen von ‚Vagabunden, Jaunern und Räubern'“, die 1937 in Leipizig erschien. Es ist für die Geschichtsschreibung betreffend die Verfolgung von Jenischen, Sinti und Roma von Bedeutung, wird aber oft übersehen, dass Ritter Habilitationsschrift die Jenischen zum Thema hatte. Dies schreibt auch Ritter selber. in seinem Lebenslauf bezeichnet er den Inhalt dieser Forschungen so: „Aufdeckung eines durch zehn Generationen nachweisbaren Schlages von jenischen Landfahrern, berufsmässigen Betrügern und Dieben, primitiven Artverbrechern“.
Auch seine Tätigkeit der Registrierung und Erfassung im Dienst der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik gegenüber Jenischen, Sinti und Roma umfasste die Erstellung von Genealogien und die „rassekundlicher“ Erforschung „der gesamten asozialen und kriminellen nicht-sesshaften Bevölkerung Deutschlands“, wie er schreibt. Darunter fielen sowohl Sinti, Roma und Jenische wie auch nichtsesshafte „Asoziale“; die jeweiligen Zuschreibungen umfassen verschiedene von Ritter und seinen Mitarbeitenden geprägte Begrifflichkeiten; die meisten davon führten zur Einweisung in die Vernichtungslager. Ritter befasste sich zudem auch mit als „asozial“ eingestuften Jugendlichen, die in Jugendkonzentrationslager eingewiesen wurden. Nach 1945 blieb Ritter unbehelligt und wurde Leiter des Jugenddezernats der Stadt Frankfurt am Main. Auch seine Mitarbeiterin Eva Justin folgte ihm dorthin.
Der vorliegende Lebenslauf ist im Bestand „Parteikorrespondenz“ des Bundesarchivs Berlin archiviert.