Der aus Vals GR stammende Psychiater Josef Jörger (1860-1933) war, nach Tätigkeiten an anderen Kliniken, Gründungsdirektor der psychiatrischen Klinik Waldhaus in Chur GR und leitete diese, bis er den Direktorenposten seinem Sohn übergab, ähnlich wie bei Eugen und Manfred Bleuler ein Fall von (allerdings sozial bedingter) „psychiatrischer Erblichkeit“.
Josef Jörger hatte den ersten Teil dieser Arbeit 1905 im von Alfred Ploetz herausgegebenen „Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie“ publiziert. Sie befasste sich mit mehreren Generationen der jenischen Familie Stoffel, ebenfalls aus Vals GR, die Jörger mit dem nullifizierenden Decknamen „Familie Zero“ belegte. Diese Arbeit fand den Beifall vieler „Rassenhygieniker“, so z.B. den von Ernst Rüdin. Dieser veranlasste den Druck der vorliegenden, um die Darstellung der Familie Markus (Moser) erweiterten Fassung unter dem Titel „Psychiatrische Familiengeschichten“ 1919 bei Springer in Berlin, als Festgabe für den anderen Schweizer Senior der „Eugenik“, August Forel.
Jörgers psychiatrische Familienforschungen sollten den Nachweis der Erblichkeit folgender „Abirrungen vom gewöhnlichen Familientypus“ bei den jenischen Familien erbringen: „Vagabundismus, Verbrechen, Unsittlichkeit, Geistesschwäche und Geistesstörung, Pauperismus.“ (S. 1)
Wie das Buch „Familie Kallikak“ des amerikanischen Psychiaters Henry H. Goddard sollten Jörgers Arbeit den Nachweis für die „erbliche Minderwertigkeit“ ganzer Familien, und bei Jörger, durch Ableitung, der ganzen Volksgruppe der Jenischen, liefern.
Spätere Verfolger der Jenischen, in der Schweiz Alfred Siegfried als Leiter des sogenannten „Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse“ der Stiftung Pro Juventute, in Deutschland Robert Ritter als genealogischer Erforscher der „Sippen“ von Jenischen, Sinti und Roma sowie sogenannter „Asozialer“, stützten sich ausdrücklich auf Jörgers Forschungen.