THATA THATA
Thomas
Huonker
Archiv
Texte
Anderes
THATA THATA
THATA









THATA




Romed Mungenast (19. Juli 1953 - 27. Februar 2006)

Grabrede von Richard Triendl anlässlich der Bestattung von Romed Mungenast

Immer noch eigentlich ohne Worte vor Erstaunen und Bewunderung für dein Leben, deine Freundschaft und deinen Umgang mit dem Tod wage ich, lieber Romed, ein sehr persönliches Bekenntnis:
Ich habe dich gerade in den letzten Jahren bis hinein in deine letzten Tage als einen Meister, als einen wahren Lehrmeister in den zwei hohen Künsten des Lebens, einander urverwandt, erfahren: Zum einen in der ars amandi, der Kunst des Liebens und der Solidarität, die sich für dich, selbst stammend aus einer über Jahrhunderte geschundenen Randgruppe unserer Gesellschaft, verdichtete im politischen Kampf zeitlebens gegen jede Art von Unterdrückung und Ausgrenzung von Menschen. Zum anderen in der ars moriendi, der Kunst des gelassenen Sterbens. Denn längst schon hattest du die Fäden gelöst, einen nach dem anderen, die dich ans Gegebene knüpften und all unsere verzweifelte Mühe, dies nicht wahrzunehmen, blieb vergeblich. So hast du Abschied genommen, als seist du es, der am Ort des Eigentlichen geborgen zurückbliebe, und wir diejenigen, denen erst noch eine Reise durch die Hoffnungslosigkeit bevorsteht.
Zuletzt, doch schon Tage zuvor, erschien in deinen Augen ein großes Staunen und in deinen Zügen ein Schimmer der selbstvergessenen Freiheit, die uns versprochen ist, wenn wir vor der morgendlichen Schöpfung stehen und spüren, dass nichts hinzuzufügen ist, und dass es nur unsere Unruhe war, die alles unternahm und alles verfehlte.
Nun bist du fort, um nichts als einen offenen Raum zurückzulassen. Mit deinem Fehlen, deinem Leuchten, wirst du bei uns sein, wie jener Engel, von dem die geheimen Schriften der Juden sagen, er sei nicht der Engel, der gibt, sondern nimmt.
Als kleine Geste des Dankes an einen, an meinen Lehrmeister noch ein kurzes Gedicht der demütig - rebellischen Christine Lavant, die du so mochtest, das den Bogen spannt von der verzweifelten Suche nach dem Verstehbaren im Unbegreiflichen, nach einem tauglichen Begriff von Sinn und Gott im Leben einer Stigmatisierten bis zum flehentlichen Ruf am Ende nach diesem Fünklein Liebe, von dem schon der große Meister Eckhart sagte, in ihm spiegle sich wie in einem Brennpunkt die Sonne absoluter personaler Zuneigung.

Das war mein Leben, Gott vergiss das nicht!
Ich werde niemals wieder eines haben -
du kannst`s verzögern, dass sie mich begraben
und dass mein Herz an diesem Kummer bricht;
doch seither bin und bleib ich eine Leiche.
Sag nicht, so viele hätten schon das gleiche
mit deiner Hilfe herrlich überstanden
und wären fromm und Heilige geworden.
Mein Leichnam tobt und will sich noch ermorden
und die dazu, die dich als Trost erfanden,
dort wo du niemals wirklich wirksam bist.
An meinen Nerven zehrt ein Wolf und frisst -
bist das auch du? Und wühlt denn deine Hand
in meinem Häuflein glimmernden Verstands
so grob herum und hält mich überwach,
wenn alle schlafen? - Gott, sag das nicht nach,
sag keins der lauen Worte deiner Frommen!
Ich will ja nicht in ihren Himmel kommen!
Nur einmal noch - bevor sie mich begraben -
lass mich im Traum ein Fünklein Liebe haben.