Bericht des Bundesrats an die Bundesversammlung zu Beschwerden gegen die Zustände in der Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach SZ, 2. Dezember 1921

Bericht des Bundesrats an die Bundesversammlung zu Beschwerden gegen die Zustände in der Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach SZ, 2. Dezember 1921

Es war eine seltene Ausnahme, wenn das Bundesamt für Justiz und der Bundesrat
auf Beschwerden und Klagen administrativ Internierter eintraten. Dass das bei dieser Beschwerde der Fall war, hat sicher auch damit zu tun, dass diese Beschwerde von
Organisationen der Arbeiterbewegung unterstützt wurde, und dies in einer Zeit
harter sozialpolitischer Kämpfe (Landesstreik im November 1918). So wurde sie an
alle Instanzen weitergezogen. In den meisten Fällen schrieb die Justizabteilung des
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements den internierten
Zwangsarbeitenden, es gehe bei diesen Fragen um kantonale Zuständigkeiten, die
nicht Sache des Bundes seien, und unternahm weiter nichts, worauf meistens auch
die Internierten resignierten
Beachtlich ist also allein schon, dass der Bundesrat ausführlich und in Form einer
öffentlichen Drucksache, die auch auf französisch übersetzt wurde, auf diese Klage
über die Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach SZ einging, die von 1902 bis 1971 in Betrieb
stand. Jedoch bleiben auch in dieser aufwendigen Behandlung der wiederholten
Beschwerden gegen das Regime in der Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach SZ durch den
Bundesrat viele der vorgebrachten Beschwerdepunkte unerwähnt und
unberücksichtigt. Der Bundesrat befasste sich einzig mit der offenbar zutreffenden
Kritik, dass in der Anstalt zu Körperstrafen gegenüber den Internierten angewendet
wurde, eine klarer Verstoss gegen Gesetz und Verfassung; dafür erhielt der
Anstaltsleiter einzig einen Verweis durch den Regierungsrat von Schwyz, blieb aber
im Amt.
Die Klagen über das schlechte Essen, die gesetzeswidrige Einsperrung
arbeitsunfähiger, kranker Internierter in der Zwangsarbeitsanstalt, die privilegierten
Formen des Vollzugs für materielle besser gestellte Anstaltsinternierte sowie die
Schilderung einzelner Schikanen seitens des Personals, wie sie in der eben nur
teilweise behandelten Beschwerde vorgetragen worden waren, ignorierte der
Bundesrat in seiner Stellungnahme.

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