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Tages-Anzeiger am 06.06.2001

Zeichen für Urvölker und Fahrende gesetzt

Der Nationalrat will dem bundesrätlichen Zuwarten ein Ende setzen: Die Schweiz soll der IAO-Konvention zum Schutz indigener Völker beitreten.

Von Bruno Vanoni, Bern

"Ungeheuerlich, "nicht nachvollziehbar", "fehl am Platz" - so hart ging Kommissionssprecher Remo Gysin gestern im Nationalrat mit der Argumentation des Bundesrats ins Gericht. Der Zorn des Basler Sozialdemokraten galt besonders dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das die bundesrätliche Position geprägt hatte und "in blinder Wirtschaftsgläubigkeit jede Diskussion über Menschenrechte unter den Tisch wischen" wolle. Was war geschehen?

Zum Schutz von 5000 Völkern

Das Seco und in der Folge auch der Bundesrat hatten sich der Forderung widersetzt, die Schweiz solle die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) rasch ratifizieren. Diese Konvention "über indigene und in Stämmen lebende Völker" will die Staaten der Erde verpflichten, den Urvölkern auf ihrem Territorium besondere Landrechte, die kulturelle Entfaltung, politische Mitwirkung und Autonomie zu garantieren. Sie dient dem Schutz von weltweit 5000 Gemeinschaften mit 300 Millionen Angehörigen.

Aus Solidarität mit diesen vielfach bedrohten und diskriminierten Völkern hatte die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats im letzten November mit 14 gegen 5 Stimmen eine Motion formuliert, die einen raschen Beitritt der Schweiz zur Konvention 169 verlangt. Eigentlich hätte darüber bereits in der Märzsession in Lugano entschieden werden sollen. Doch weil das Seco in letzter Minute neue Informationen über allfällige Folgen vorlegte, musste die Ratsdebatte vertagt werden - und die Kommission nochmals über die Bücher. Nach diesem "Verwirrspiel" (Gysin) hielt sie bloss noch mit 10 gegen 7 Stimmen an der Motion fest.

Im Namen der gewachsenen Kommissionsminderheit und seiner Fraktion trat der Zürcher SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer gestern gegen die Motion an. Es gehe nicht um grosszügige Solidaritätsbekundungen "für Minderheiten irgendwo in fernen Ländern". Wenn bisher erst 14 der 175 IAO-Mitgliedsstaaten der Konvention 169 beigetreten seien, so zeige dies, dass Vorsicht am Platze sei.

Konkret übernahm Schlüer die Seco-Warnung, die Schweizer Fahrenden könnten, gestützt auf die Konvention, "Sonderrechte für sich beanspruchen". Sie könnten beispielsweise Standplätze einfordern in einer Art, die mit dem Raumplanungsrecht nicht vereinbar sei. Solange die Ansprüche der Fahrenden nicht geklärt seien, dürfe die Konvention 169 nicht genehmigt werden, mahnte auch die Berner FDP-Nationalrätin Käthi Bangerter.

Bundesrat Pascal Couchepin betonte, dass Streit um zusätzliche Standplätze das friedliche Zusammenleben und das Verständnis für die Fahrenden nicht fördere. Ein Beitritt zur Konvention werde "wahrscheinlich" auch eine Änderung des Strafrechts erfordern. Denn Gefängnisstrafen könnten von fahrenden Völkern als unzulässige doppelte Bestrafung empfunden werden.

Wirtschaftsinteressen versteckt

Dies alles seien nur vorgeschobene Argumente, sagte die Berner SP-Nationalrätin Ruth-Gaby Vermot. Für die Präsidentin der Gesellschaft für bedrohte Völker kaschierten solche Einwände bloss, dass wirtschaftliche Interessen höher gewichtet werden als der Schutz der indigenen Völker. Denn auch Schweizer Unternehmen seien am Rohstoffabbau beteiligt, der die Lebensräume dieser Völker schmälere und zerstöre.

In der Debatte verwahrten sich auch weitere Sprecher aus SP, CVP und grüner Fraktion gegen den Versuch, eine Schweizer Minderheit gegen 5000 bedrohte Ur- und Stammesvölker auszuspielen. Ob die Fahrenden wirklich unter den Anwendungsbereich der Konvention fallen, blieb unter den Motionsbefürwortern aus SP, CVP und grüner Fraktion umstritten. Einig waren sich jedoch alle, dass die Probleme der Fahrenden so oder so angepackt werden müssen.

Mit 78 gegen 72 Stimmen sprach sich der Nationalrat für die beantragte Motion aus, wobei es Zustimmung aus allen Parteien gab. Der Bundesrat wird den raschen Beitritt zur Konvention 169 freilich nur beantragen müssen, wenn der Beschluss des Nationalrats vom Ständerat bestätigt wird.


(Nachtrag von Thomas Huonker: Dummerweise hat der Ständerat diesen Entscheid wieder umgestossen. Seitdem wird der Vorstoss immer wieder lanciert; irgendwann wird auch die Schweiz die Rechte der Indigenen Völker, zu denen sich auch die Jenischen respektive die Fahrenden in der Schweiz zählen, anerkennen.
We shall overcome one day...)




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