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Online-Version (ohne Bilder) des Lehrmittels "Roma - ein Volk unterwegs", erschienen im Lehrmittelverlag des Kantons St. Gallen


Religionen, Berufe und Erwerb der Roma

Wie in allen Kulturen gibt es auch bei den Roma Gruppen, Familien und Einzelpersonen, die das überlieferte Brauchtum mehr pflegen und einhalten als andere. Auch gibt es grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Stammesgruppen.

Dennoch gehört die Überlieferung des traditionellen Brauchtums der Roma ebenso zu ihrer kulturellen Identität wie ihre Sprache, ihre Tänze, ihre Musik, ihr Kleidungsstil und ihre bevorzugten Berufe und Behausungen. Zu Recht wehren sich aber viele Roma auch gegen eine Fixierung ihrer Identität allein auf diese überlieferten Formen. Denn zu jeder Kultur gehört auch der kulturelle Wandel.

Religionen

Die Roma haben sich überall den religiösen Gepflogenheiten der Kulturen angepasst, wo sie Räume für ihr Dasein gefunden haben. Die Roma in der Türkei und im arabischen Raum sind Muslime, in Griechenland und im Balkan sind sie orthodox, in den meisten übrigen Ländern Europas mehrheitlich katholisch, teilweise aber auch protestantisch. In den letzten Jahrzehnten hat die Zigeunermission der Pfingstkirche grossen Zulauf unter den Roma; ihre Zeltgottesdienste und der Umstand, dass viele ihrer Prediger selber Roma sind, tragen dazu bei. Die katholische Kirche hat in vielen Ländern Priester speziell für die Seelsorge der Roma.

Wegen weiter bestehenden Vorurteilen der jeweiligen örtlichen Kirchen galten Roma oft weiterhin als Heiden oder Zugehörige fremder Religionen und wurden ausgegrenzt. Ihrer mit eigenständigen Traditionen verknüpften und sehr gefühlsbetonten Frömmigkeit geben die Roma Ausdruck an grossen Pilgerorten. Sie bevorzugen dabei Wallfahrtsorte mit schwarzen Madonnen wie Tschenstochau in Polen oder Einsiedeln in Schwyz. Viele pilgern aber auch nach Lourdes in den Pyrenäen.

Am bekanntesten ist das jährliche Treffen von Roma aus Frankreich und Spanien sowie aus dem übrigen Europa in Les Saintes Maries de la Mer in der Camargue. Höhepunkt der religiösen Feiern, die jeweils Ende Mai stattfinden, ist die Prozession mit der heiligen Sara aus der Krypta der Kirche ins Meer. Die heilige Sara, deren Statue ebenfalls schwarz ist, war nach örtlicher Ueberlieferung eine aus Aegypten stammende Dienerin der beiden heiligen Marien (Maria Salome und Maria Jacobea). Diese beiden Heiligen waren als Schiffbrüchige in dem kleinen Fischerdorf gelandet und sollen die dortige Kirche gegründet haben.

Berufe, Erwerb

Einige Stammesnamen osteuropäischer Roma verweisen auf typische Berufe. So waren die Kalderari traditionellerweise Schmiede, Hersteller von Werkzeugen wie Sicheln, Sensen und Messer, von Viehglocken und Blechgeschirr oder Hersteller und Reparateure von Kupferkesseln und Destillationsapparaturen. Die Lautari waren und sind oft Musiker. Die Ursari waren Bärenführer und Schausteller, die auch andere Tierdressuren, beispielsweise mit Pferden oder Hunden, vorführten. Die Aurari waren Goldgräber und Goldschmiede, die Argentari Silberschmiede.

Die Verfolgung während des 2.Weltkrieges unter Hitler und Massnahmen zur Zwangsanpassung unter kommunistischer Herrschaft haben sich negativ ausgewirkt auf die Weitergabe dieser Traditionen. Sie sind aber in vielen Familien immer noch lebendig.

Andere leben seitdem in trostloser Armut. Aehnlich steht es mit den Roma in den anderen Ländern Europas. Zu den althergebrachten Gewerben sind auch neue Berufe hinzugekommen. Typische Berufen sind neben dem Korbergewerbe, dem Schmiedehandwerk, dem Schleifen und Reparieren von Messern, Scheren, Rasenmähern und Aktenvernichtern, dem Altmetallhandel, dem Pferde- und Autohandel auch Abfallentsorgung und Recycling, der Antiquitätenhandel, das Hausieren mit verschiedenen Gebrauchsartikeln wie Haushaltwaren, Seilerwaren, Teppichen oder Bürsten und Besen.

Die meisten Fahrenden, welche diese Berufe ausüben, arbeiten selbstständig und flexibel in mehreren der erwähnten Bereiche, je nach Nachfrage.

Viele, insbesondere Sesshafte, arbeiten auch in irgendwelchen Berufen, wobei jedoch eine selbstständige Tätigkeit bevorzugt wird.

Bekannt ist auch das Handlesen und das Wahrsagen aus Karten.

Sehr viele Roma sind Musiker.

Jenische Kartenlegerin. Schweiz 1985
(Foto Gertrud Vogler, Zürich

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